Mit der Europawahl 2019 wurde der Spalt zwischen Stadt und Land abermals deutlich.
So etwa erzielten die Grünen in neun der zehn größten Städten Deutschlands die meisten Stimmen. Auch in in den Metropolen konnten die Grünen mit ihren Umweltthemen stärkste Kraft werden, beispielsweise in Frankfurt am Main, Köln, Leipzig oder Stuttgart. Ganz anders aber wählten die Menschen in der Fläche, außerhalb der großen Städte. Hier bestimmen „traditionell“ konservative oder aber zunehmend rechtsradikale Positionen die politische Landkarte. Die Deutschlandkarte zeigte am Morgen nach der Europawahl die BRD als überwiegend schwarze (CDU/CSU), im Osten als blaue Fläche (AfD), darin verteilt einge grüne und wenige rote Einsprengsel. Drastisch deutlich wird dies im Bundesland Sachen, wo zum 1. September 2019 ein neuer Landtag gewählt wird. (Vgl. Abb.) Einzig in der Stadt Leipzig wurde mehrheitlich grün gewählt, während ansonsten weitgehend die AfD den Wahlausgang dominiert.
Bezeichnenderweise wiederholt sich diese Differenz zwischen Stadt und Land bei näherem Hinschauen sogar innerhalb der Stadt Leipzig: Bei der am selben Tag durchgeführten Stadtratswahl stimmten die Wähler im Zentrum deutlich überwiegend die Grüne Partei, während in den Wahlbezirken am Stadtrand mehrfach die konservativen oder rechtsradikalen Politiker den größten Stimmenanteil erhielten.
Den Wahlergebnissen zufolge müssen sich die auf dem Land und in den städtischen Randbezirken vorherrschenden Sichtweisen auf die gesellschaftlichen Probleme und Chancen ziemlich gegensätzlich von den in den Zentren verbreiteten Perspektiven unterscheiden. Inwiefern auch die Lebensrealitäten tatsächlich derart unterschiedlich sind, wird sich entlang der LandPartien zeigen. Dies verspricht einen spannenden, schwierigen, sicherlich auch notwendigen Diskurs. Dabei wäre es allerdings „ziemlich abwegig, das Wahlergebnis in Sachsen damit zu erklären, dass wir zu wenig miteinander geredet haben“ – wie dies der Leipziger Pfarrer Christian Wolff in seiner Wahlnachlese deutlich analysiert. Er fordert Klarheit darüber, aus welcher Position heraus argumentiert werde und wer denn Gesprächspartner sein soll: „Die AfD-Wähler/innen oder die jungen Menschen von FridaysForFuture oder die vielen, die sich Tag für Tag in den Ortschaften, in denen der Rechtsnationalismus gar nicht mehr auffällt, für Vielfalt, Demokratie, Menschenwürde eintreten und ständig Anfeindungen ausgesetzt sind. Spätestens hier sollten wir merken, in welche Schieflage wir geraten, wenn wir das Reden zum politischen Allheilmittel erklären. Es könnte ja auch sein, dass das Wahlergebnis gar nichts zu tun hat mit ‚zu wenig reden’.“
Die Akademie LandPartie will reden, will Menschen aus Stadt und Land zu Begegnungen auf Augenhöhe zusammenbringen. Eingeladen dazu sind alle, die sich unmissverständlich zu den demokratischen Grundwerten bekennen sowie kulturelle Vielfalt und ungehinderte Berichterstattung durch freie Medien als wesentliche Anker zur Sicherung unserer Freiheit und Lebensqualität begreifen.