Und was hat das mit Leipzig zu tun?

Und was hat das mit Leipzig zu tun?

Erkenntnisse in Wanderschuhen

Eine kleine Gruppe traf sich in Chemnitz, um von dort aus „Durch Wald und über Erz“ in Richtung Osten bis nach Tharandt zu wandern. Mit dieser fünftägigen Exkursion und Entdeckungsreise nahm die Akademie LandPartie ihren vielversprechenden Anfang. Die Region Mittelsachsen ist aus meiner Leipziger Sicht nur einen Katzensprung entfernt und doch waren die Orte Flöha, Oederan und Tharandt bislang nur Punkte irgendwo auf der sächsischen Landkarte.

Seume und Wandern

Auf dem Weg in die Jugendherberge in Chemnitz-Adelsberg in der Augustusburger Straße grüßte uns Johann Gottfried Seume (1763-1810) von einer Hauswand „Es würde alles besser gehen, wenn man mehr ginge“. Seume, der Schriftsteller, Wanderer und Spaziergänger nach Syrakus, hatte die Leipziger Nikolaischule besucht und an der Leipziger Universität Theologie studiert. Mit diesem Spruch, gesäumt von zwei Muscheln des allgegenwärtigen Jakobsweges, startete unsere Exkursion.

Oederan und der 9. Oktober 1989

Fast hätte ich die Bodentafel vor der Stadtkirche in Oederan übersehen „Dona nobis pacem. Friedensgebete für , Freiheit und eine gute Zukunft im Herbst 1989“. In Leipzig wird jedes Jahr mit einem Lichtfest an die entscheidende Demonstration vom 9. Oktober 1989 erinnert, die den Weg zum Fall der Mauer ebnete. Aber Ende der 80er Jahre gärte es überall in der damaligen DDR. Viele Leute trafen sich unter dem Dach der Kirche und brachten ihren Protest auf die Straße, so auch in Oederan, wo am 4. Oktober 1989 die erste Demonstration stattfand.

Heute, 30 Jahre später, dürften wir der Tafel zufolge schon mitten in der Zukunft sein. Oederan jedenfalls steht die Zukunft gut.

Silbermann und Bach

Gerade finden im Dom zu Freiberg und in diversen anderen Kirchen in Freiberg und Umgebung die „Silbermann-Tage“ statt. Gottfried Silbermann war der bedeutendste Orgelbauer der Barockzeit in Mitteldeutschland. Auch in der Stadtkirche von Oederan befindet sich eine Silbermann-Orgel. Dort angekommen, erlebten wir in der ansonsten leeren Kirche das Probespiel eines vielversprechenden Teilnehmers der Silbermann-Tage. Gottfried Silbermann (1683-1753) war Zeitgenosse von Johann Sebastian Bach (1685-1750), der ab 1723 in Leipzig wirkte. Schon allein deshalb sind die Silbermann-Orgeln untrennbar mit der Musik Bachs verbunden. Auch in der Nähe von Leipzig befinden sich mehrere Exemplare der Königin der Instrumente von Gottfried Silbermann.

Der deutsche Orgelbau gehört übrigens seit letztem Jahr zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO.

Planer und Wagner

Richard Wagner ist Leipziger, seine Familie und sein Werk wurzeln in Sachsen. Unser Weg heraus aus Oederan, vorbei am „Kleinen Erzgebirge“, heißt Minna Planer Weg. Die Schauspielerin Minna Planer (1809-1866), geboren in Oederan, war 30 Jahre lang mit dem Komponisten (1813-1883) verheiratet. Eine auf einen Findling montierte Bronzetafel informierte, dass sie Wagners „Lebensgefährtin in ruhelosen und sorgenvollen Jahren“ war. Der benachbarte Findling zeigt ein ovales Porträtrelief von Richard Wagner, aber leider ist Minna Planer nicht abgebildet.

Cotta und Bundesliga

Die letzte Station der Akademie LandPartie hieß Tharandt. Es ist kaum zu glauben, dass ich den dortigen Forstbotanischen Garten noch nie besucht habe und nicht wusste, nach wem oder wonach der bekannte Leipziger Cottaweg benannt ist. Johann Heinrich Cotta (1763-1844), gestorben in Tharandt, war der Begründer der Forstwirtschaft und Forstwissenschaft. Ab 1811 leitete er die Forstlehranstalt, die spätere Königlich-Sächsische Forstakademie zu Tharandt, die heute als Fachrichtung Forstwissenschaften zur Technischen Universität Dresden gehört. Die von Johann Heinrich Cotta in Tharandt entwickelten und praktizierten Methoden zu einer nachhaltigen Forstwirtschaft strahlten nach ganz Deutschland und wurden durch ausländische Studenten – eine Besonderheit im frühen 19. Jahrhundert – in die Welt getragen. Zu Ehren von Johann Heinrich Cotta steht im Forstbotanischen Garten Tharandt an exponierter Stelle eine Bronzebüste, entworfen von dem bekannten sächsischen Bildhauer Ernst Friedrich August Rietschel.

Der Leipziger Cottaweg wurde 1905 benannt, er ist heute die Adresse der Leipziger Kleinmesse sowie der Geschäftsstelle und des Trainingszentrums des Bundesligisten RB Leipzig.

Die erste Akademie LandPartie ist Geschichte, die Legendenbildung kann beginnen. Ich persönlich wäre jederzeit bereit, die Wanderschuhe wieder anzuziehen!

 

 

Liebe Leonie und lieber Bertram, ich danke euch von Herzen!

Caren Marusch-Krohn, 8.9.2019

Fotos: Caren Marusch-Krohn (1,2); Bertram Weisshaar (3)